Das Finanzamt muss Nachzahlungszinsen auch dann nicht erlassen, wenn die Nachzahlungszinsen durch eine verzögerte Bearbeitung des Finanzamts mitverursacht worden sind.
Hintergrund: Kommt es nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des Veranlagungszeitraums zu einer Steuerfestsetzung, die zu einer Nachzahlung führt, ist der Nachzahlungsbetrag mit 6 % zu verzinsen.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute. Der Ehemann war als Rechtsanwalt in einer Sozietät tätig. Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid für 2012; der Gewinnfeststellungsbescheid für die Sozietät lag zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht vor, sondern erging erst im April 2014. Das Finanzamt der Kläger wertete den Gewinnfeststellungsbescheid erst 13 Monate später, nämlich im Mai 2015, aus und erließ im Mai 2015 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2012. Dieser führte zu einer Steuernachzahlung sowie zu einer Zinsfestsetzung in Höhe von 140 €. Die Kläger beantragten den Erlass der Nachzahlungszinsen, soweit sie auf einem Zinszeitraum von mehr als sechs Monaten beruhten; denn das Finanzamt hätte den Gewinnfeststellungsbescheid innerhalb von sechs Monaten auswerten müssen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Hinweise: Die Kläger hätten die Entstehung der Zinsen dadurch vermeiden können, dass sie bereits in ihrer Einkommensteuererklärung den voraussichtlichen Gewinnanteil des Klägers aus der Sozietät erklären. Das Finanzamt hätte dann diesen Gewinnanteil, obwohl noch kein Gewinnfeststellungsbescheid für die Sozietät vorlag, in den Steuerbescheid übernehmen können, so dass der spätere Gewinnfeststellungsbescheid und dessen Auswertung nicht zu einer höheren Steuer und damit auch nicht zu einer Zinsfestsetzung geführt hätten.
Alternativ hätten die Kläger nach Bekanntgabe des Gewinnfeststellungsbescheids für die Sozietät freiwillig die sich aufgrund des festgestellten Gewinnanteils ergebende Steuer zahlen können. Zwar verhindern freiwillige Zahlungen nicht die Entstehung von Nachzahlungszinsen. Freiwillige Überzahlungen der Einkommensteuer werden aber im Rahmen von Erlassentscheidungen zugunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt, indem sog. fiktive Erstattungszinsen berechnet werden, die im Billigkeitsweg zu einer Reduzierung der Nachzahlungszinsen führen.
BFH, Urteil v. 3.12.2019 - VIII R 25/17; NWB